Die Buch-Rezension „Cernunnos“ von Harry Eilenstein

Eilenstein-Cernunnos, Querlle: BoD

Der Hirschgott Cernunnos ist einer der zentralsten Gestalten der keltischen Mythologie. Harry Eilenstein wandelt in seinem umfangreichen Buch „Cernunnos“, aber nicht nur auf den Spuren des „gehörnten“ Gottes, sondern bietet tiefe und faszinierende Einblicke in den indogermanischen Schamanismus.

Die bekannteste historische Abbildung zeigt Cernunnos auf einem Silberkessel, der im dänischen Gundestrup gefunden wurde und aus dem 1. Jahrhundert v.  Chr. und wahrscheinlich aus Gallien stammt. Eilenstein führt detailliert anhand der abgebildeten Motive auf den 13 Platten des „Kessels von Gundestrup“ in die keltische Kultur und Mythologie ein.

Von Kessel-Ritualen und Druiden

Das Kessel-Ritual spielte bei den Kelten eine besondere Rolle und eine Platte des Kessels von Gundestrup zeigt den Hirschgott Cernunnos in sitzender Position. Die keltische Gottheit wurde auch als Gott der Natur, der Fruchtbarkeit und der Anderswelt verehrt. Eilenstein führt aus der Darstellung die Gottheit auf das Urbild eines Schamanen bzw. Druiden zurück, da er in einer rituellen Körperhaltung dargestellt wird, die auf eine „schamanische Seelenreise“ hindeutet.

Die Druiden waren die „intellektuelle Kaste“ der Kelten, die das Wissen um kulturelle Bräuche, Rituale und Heilkunde bewahrten und weitergaben, aber auch Seher, Magier, Heiler, Richter, Sänger und Dichter. Das Grundprinzip der Weltanschauung der Druiden und der Kelten war die „Wahrheit“, die gemeinsame Vorstellung, dass es für alle Dinge eine „richtige Daseinsweise“ gibt. „Wenn man diese Richtigkeit erkennt und sich entsprechend verhält, wird man ein gutes und glückliches Leben führen und in Harmonie mit der Welt sein.“

Keltische Mythen und Überlieferungen anderer Völker

Eilenstein zeigt die Entwicklung vom Cernunnos-Schamanen hin zum Cernunnos-Gottheit über die Beziehungen des „gehörnten Gottes“ zu den anderen keltischen Göttern auf und spürt Cernunnos Motive in keltischen Mythen auf. Cernunnos selbst findet sich nicht in keltischen Überlieferungen, aber Kessel, Hirsch, Stier und Seelenvogel, mit denen er auf alten Darstellungen zusammen erscheint, spielen in den Mythen eine wichtige Rolle. Selbst Merlin erscheint in der Sage „Grisandole“ als weißer Hirsch.

Cernunnos, den gehörnten Gott, findet man aber auch in den Überlieferungen der Griechen, Römer, Indern und anderer Völkern. Hirsch und Hirschkuh waren seit der Altsteinzeit Symbole für Fruchtbarkeit und Zeugungskraft und damit auch für die Wiedergeburt. Und auch im Christentum taucht der „Hirschmann“ als St. Hubertus auf, aber auch als Umwidmung in der Gestalt des Teufels.

Einblicke in den indogermanischen Schamanismus

Das Buch stellt zwar Cernunnos in den Mittelpunkt der Betrachtung, daneben bietet es aber auch Einblicke in den indogermanischen Schamanismus. Eilenstein thematisiert verschiedene Einweihungen und Mysterien, indogermanische Schamanenbünde, Zaubertränke und Trinkhörner sowie listet bekannte Druidennamen auf.

Harry Eilenstein ist ein umfassendes und erhellendes Buch über die keltische Mythologie und den indogermanischen Schamanismus gelungen. Er scheint über ein schier unerschöpfliches Wissen über die Kelten und Indogermanen zu verfügen und vermittelt dem Leser tiefe Einblicke in die Welt der Schamanen und Druiden anhand von vielen Illustrationen, Darstellungen und vergleichender Tabellen.

Urbild der Menschheit

„Cernunnos“ ist kein wissenschaftliches Buch, sondern ein spirituelles Buch, das über alte Mythen tiefes Wissen über den Urgrund oder die Quelle alles Seins vermittelt. Der Hirschgott Cernunnos ist mit vielen spirituellen Methoden und Ritualen verbunden und ist von der Altsteinzeit bis zur heutigen Zeit ein wichtiger Archetyp des „guten Zauberers“, der für die jeweilen Zeitepochen unterschiedleiche Bedeutungen hatte. Eilenstein legt dar, dass Mythen Orientierungshilfen im Leben und Gottheiten Beschreibungen eines Aspekts der Welt sind. Nicht nur bei den Kelten hatte Cernunnos eine wichtige Bedeutung, der „gehörnte“ Gott ist seit der Steinzeit ein prägendes Urbild der Menschheit, das heute noch wirksam ist.

Kurz&Knapp: Absolut lesenswert. Ein inspirierendes und erhellendes Buch über keltische Mythologie und indogermanischen Schamanismus sowie die zentrale Bedeutung des Hirschgottes Cernunnos als prägendes Urbild.

Harry Eilenstein
Cernunnos
Vom Schamanen zum Druiden Merlin
Taschenbuch, 678 S.
Books on Demand; Auflage: 3, 2018

Harry Eilenstein, 1956 geboren, befasst sich seit 40 Jahren intensiv mit Magie, Religion, Meditation, Astrologie, Psychologie und verwandten Themen. Im Laufe der Zeit hat er ca. 85 Bücher sowie ca. 50 Artikel für verschiedene Zeitschriften verfasst. Seit 2007 ist er hauptberuflich Lebensberater. Er bietet Beratungen, aber auch das Deuten von Horoskopen, Heilungen, Rituale, Hilfe bei Spukhäusern u.ä. Problemen, Ausbildung in Meditation und Feng Shui und vieles mehr an.

Ich danke BoD für das Rezensionsexemplar.